Ein Bericht der Nagra - 2020
von Marisa Brauchli ·Erdwissen | 07.07.2020
Wie werden Gesteine deformiert?
Die äussere Schicht der Erde besteht aus verschiedenen mehr oder weniger starren Lithosphäreplatten. Sie schwimmen auf dem dichteren, heissen, plastischen Untergrund, der auch Asthenosphäre genannt wird. Dabei driften die Kontinentalplatten wie Flosse auf dem zähflüssigen Gestein, wodurch sich ihre Position ständig ändert. Die tektonischen Platten bewegen sich in unterschiedliche Richtungen. Einige der Platten bewegen sich aufeinander zu, andere gleiten aneinander vorbei, und wieder andere entfernen sich voneinander. Ein wichtiger Motor für diese Plattenbewegungen liegt im Inneren der Erde. Im Erdmantel erhitzt sich Gesteinsmaterial. Es dehnt sich aus, die Dichte wird reduziert und es steigt zur Oberfläche auf. Oben angekommen kühlt sich die Gesteinsmasse wieder ab, wird dichter und beginnt abzusinken. Man kann sich diesen Prozess des Aufheizens, Aufsteigens, Abkühlens und Absinkens wie kochendes Wasser in einem Topf vorstellen. Geowissenschaftler sprechen von Konvektionsströmen.
Duktil oder plastisch
In der oberen Erdkruste, vor allem in der Nähe der Erdoberfläche, herrschen wesentliche tektonische Kräfte, die auch für die Deformation von Gesteinen eine zentrale Rolle spielen. Deformation passiert entweder durch ein plötzliches Ereignis, beispielsweise aufgrund eines Erdbebens, oder aber es sind Spannungen, die über mehrere Jahrtausende hinweg ablaufen. Laborunterexperimente zeigen, dass das Verhalten der Gesteine unter dem Einfluss einwirkender Deformationskräfte sehr unterschiedlich sein kann.
Einige Gesteine reagieren duktil, das heisst sie verformen sich, ohne dabei zu zerbrechen. Andere hingegen reagieren spröde – sie zerbrechen. Wie sich ein Gestein bei Deformation verhält, ist abhängig vom Gesteinstyp, der Temperatur, dem Umgebungsdruck, der Intensität der einwirkenden Kräfte und der Geschwindigkeit, mit der sie wirksam werden. Dasselbe Gestein kann sich in geringer Tiefe spröde, in grösserer Tiefe jedoch duktil verhalten
Großmaßstäbige S-förmige Faltung in den Schweizer Alpen (Gasterntal) (Bild: Woudloper, CC BY-SA 1.0)
Falten, Störungen, Klüfte
Es lassen sich verschiede Deformationsformen im Gelände beobachten. Zu den Grossstrukturen, die aus Deformationsprozessen hervorgehen, gehören Falten, Störungen, Klüfte sowie Dom- und Beckenstrukturen. Hinzu kommen durch Scherung verursachte Deformationsgefüge. Eine Deformation kann aber auch mikroskopisch klein sein und nur das Gesteinsgefüge betreffen.
Das Gedächtnis der Gesteine
Vulkanismus, Erosion oder Fossilien: Geologen werden stets nur mit dem Resultat einer ganzen Abfolge längst vergangener Ereignisse konfrontiert, anhand deren sie die involvierten Prozessabfolgen zu rekonstruieren versuchen. Auch Deformationsstrukturen – egal in welchem Grössenmassstab – liefern wichtige Hinweise über die geologische Geschichte eines Gebietes.
Titelbild: pixabay