Geologie im Raum Bivio
Die Umgebung von Bivio ist ein besonders guter Flecken der Alpen, um verschiedene Etappen der alpinen und voralpinen Entwicklung zu sehen. Zwei Schwerpunkte kristallisieren sich da heraus:
- alte magmatische Gesteine vom ehemals afrikanischen Kontinent, welche die ganze alpine Verformung gut überstanden haben: Granit und Diorit
- die ganze Vielfalt an Gesteinen vom Ozeanboden der Jurazeit, mehr oder weniger metamorph: Serpentin, Gabbro, Basalt, Radiolarit und Rodingite.
- Ausserdem massiver Dolomit aus der Triaszeit, Spuren von bronzezeitlichem Erz-Abbau und - für die Sportlichen - Manganerze wie z.B. Rhodonit.
Frischer Granit und Diorit aus "Afrika"
Magmatische Gesteine, welche nur teils metamorph sind. Dies heisst, dass die originalen, magmatischen Mineralien wenigstens teilweise noch erhalten sind. Die hier genannten Gesteine gehören zum ehemals afrikanischen Kontinent und wurden bei der Alpenfaltung auf die ozeanischen und europäischen Gesteinspakete verfrachtet.
Granit: Der sogenannte Julier-Granit ist auch optisch oft attraktiv durch grünliche Feldspat-Zonen (Epidot, Chlorit und Albit, welche magmatischen Plagioklas ersetzen), teils hellorange Kalifeldspat-Zonen und allgemein ein grobkörniges Granit-Gefüge.
Diorit: Dieser etwas seltenere Magmatit mit schwarzer Hornblende kommt im Bereich des Julier-Passes als körniges Geröll vor. Gegenüber dem Granit ist er etwas dunkler und feinkörniger. Genetisch ist Diorit der Nachfolger von Gabbro, aber die Vorstufe von Granit.
Rhoylith: Auch vulkanische Gesteine, nämlich Rhyolithe, finden sich in der Region des Leg Grevasalvas auch. Diese sind aber nicht mehr als solche zu erkennen, sondern sind stark deformiert worden und sehen aus wie graue Schiefer.
Gesteine vom Ozeanboden der Jurazeit:
Radiolarit: die Schweizer Variante des roten Jaspis. Er ist beim Leg Grevasalvas und in der Umgebung des Marmorerasees anzutreffen. Mal schiefrig, mal kompakt, ist seine weinrote Farbe typisch. Radiolarit entsteht als Tiefseesediment und kommt oft direkt auf Serpentin oder ozeanischem Basalt zu liegen. Er kann Mangananreicherungen enthalten: unsere Alpinen Rhodonit-Vorkommen sind in der Regel an Radiolarite gebunden.
Serpentinit: Reste ehemaligen Erdmantels (Peridotit), welche zur Jurazeit am Meeresboden freigelegt wurden und durch Zufuhr von Wasser in Serpentinit umgewandelt wurden.Im Raum Bivio kommt Serpentinit an verschiedenen Orten vor. Typisch ist hier seine fast schwarze Farbe.
Begriffliches: Serpentin ist eine Gruppe von Mineralien (Antigorit, Chrysotil, Lizardit u.a.), Serpentinit bezeichnet das Gestein, welches überwiegend aus Serpentin-Mineralien besteht.
Basalt: Rund um Bivio sind leicht metamorph umgewandelte Basalte eines der dominierenden Gesteine. Sie ergossen sich vor etwa 160 Millionen Jahren auf dem Meeresboden des jurassischen Meeres, das unsere Regeion bedeckte.
Eine Besonderheit, die nur an wenigen Orten noch erkennbar ist, sind erhaltene Pillowstrukturen. Diese sind ein typisches Phänomen, wenn Lava am Meeresboden austritt und sofort abkühlt.
Rodingit: Durch Prozesse am Ozeanboden können solche Basalte in Rodingite umgewandelt werden. Dabei werden die Basalte stark Calcium-angereichert, es entstehen die Mineralien Epidot, Grossular, Vesuvian und weitere.
Gabbro: Sicher das berühmteste Gestein aus dem Raum Bivio ist der schöne sogenannte „Diallag-Gabbro“. Er enthält grosse braun glänzende Pyroxen-Kristalle (Diopsid-Augit) in einer Grundmasse aus grünlichem Feldspat. Er ist wie die Basalte vor rund 160 Millionen Jahren kristallisiert, aber dies in grösserer Tiefe.
Ausserdem:
Manganerze & Kupfererze Kupfer-Eisenerze kommen an mehreren Stellen im Raum Bivio vor. Sie wurden bereits zur Bronzezeit auch abgebaut. Spuren davon sind an verschiedenen Orten zu sehen. Erzmineralien sind meist Kupferkies, Pyrit, Covellin und andere. Die Manganvererzungen des Oberhalbsteins sind bis zum Zweiten Weltkrieg abgebaut worden und für uns heute einige der wichtigsten Fundregionen für Alpinen Rhodonit. Leider sind sämtliche Fundstellen (Alp Parsettens, Falotta) nur nach längerer Wanderung erreichbar.
Dolomit Kompakter Dolomit mit sehr heller Verwitterungsfarbe ist oberhalb von Bivio gut im Feld erkennbar. Er stammt aus der Frühzeit der Ozeanbildung zwischen Afrika und Europa und ist rund 220 Millionen Jahre alt.
Stopp Marmorera-Gabbro
Was? Der berühmte und schöne Diallag-Gabbro, der in den meisten Schul- und anderen Sammlungen als Gabbro-Probe nicht fehlen darf.
Wo & Wie? Kleiner Fussmarsch ab Marmorera Dorf auf Kiesstrasse.
Stopp Gruba
Was? Kupfererz-Abbau, vermutlich schon in der Bronzezeit (vor ca. 3000 Jahren). Heute gut sichtbare Abbauspuren.
Wo & Wie? Kleine Wanderung (ca. 30-45 Minuten) ab Seestrasse. Unterwegs einige frische Serpentinbrocken.
Stopp Damm Marmorera-See Westseite
Was? Serpentin mit sogenannten Rodingiten
Wo & Wie? Kleiner Fussmarsch über den Staudamm.
Stopp Damm Marmorera-See Ostseite (gleich an der Strasse)
Was? Pillow-Basalte in guter Erhaltung.
Wo & wie? Dummerweise gleich an der Strasse, kein Trottoir. Parkplatz gegenüber auf dem Staudamm.
Stopp Alp Flix
Was? Ein "Geotop" mit sehr gut erhaltenen Pillow-Basalten.
Wo & wie? Fussmarsch von etwa 1 Stunde, mehrheitlich ebenes, landschaftlich sehr schönes Gelände.
Stopp Leg Grevasalvas
Was? Vielfalt von magmatischen Gesteinen: Julier-Granit, Diorit, ehemalige Vulkanite (Rhyolith). Dazu immer wieder Stücke von rotem Radiolarit.
Wo & wie? Ca. 1 Stunde Wanderung ab Hospiz Julierpass (ca. 1 km vor dem Pass). Rund 200 Höhenmeter.
Stopp Dolomit an der Passstrasse
Was? Der sogenannte Haupt-Dolomit aus der Triaszeit. Er wurde im neu entstandenen Ozeanbecken zwischen Europa und Afrika abgelagert. Typisch weissliche Verwitterungsfarbe. Schön kompaktes Gestein.
Wo & wie? Gleich neben der Strasse, am Fuss des Piz Bardella, nach der ersten Serie Spitzkehren oberhalb Bivio (und vor der zweiten Serie).